Das Theaterprojekt KlimaX bezieht sich auf eine lange Tradition, die sich von Francis Bacons Vorstellung eines Zimmers „veränderter Luft“ (1627) über die Biosphäre 2 bis hin zu den heutigen Atmosphäre- Modellen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung erstreckt. Diesen historisch so weit auseinander liegenden Ansätzen ist gemeinsam, dass sie das Klima vom Menschen für manipulierbar halten sowie dass sie von unmittelbaren Auswirkungen des Klimas auf den Menschen ausgehen – Auswirkungen, die in ihrer Richtung und Intensität jedoch unbekannt sind.
Diese Konzepte der experimentellen Naturwissenschaft sind verblüffend, da sie von visionären, sozialutopistischen Ideen geleitet sind, manche sind sogar von starker poetischer Kraft. Das erklärende Moment tritt hinter einer experimentellen Lust, hinter fantastischen Visionen zurück; so dass sich diese Dokumente als künstlerische Entwürfe lesen lassen, als Baupläne avantgarder Kunst.
KlimaX greift die historischen Texte dieser Geschichte des Experimentierens zwischen Kunst und Wissenschaft als Partitur der Inszenierung auf. Der Theater-Raum ist als Laborsituation designed, in der Zuschauer und Akteure veränderlichen Umweltbedingungen ausgesetzt werden.
Ein Ereignis für Alle, die sich für experimentelles Theater, für die Grenze zwischen Kunst und Wissenschaft interessieren, die nach den kulturellen Hintergründen des Klimawandels fragen. Eine anspruchsvolle Inszenierung für ein breites Publikum, das körperlich-sinnlich mitlebt und rhythmisch mitfiebert.
Wenn wir Philosophie, und das heißt, Theater betreiben wollen, haben wir die Pflanze zu denken. Die Vegetation, mit deren Hilfe das heutige philosophische enken sich zu formen sucht, besticht durch Formlosigkeit: Knollengewächse, Moose, Parasiten, Pilze. Goethe meinte noch die Pflanze – und damit die Bedrohung der Unverständlichkeit – regieren zu können, als er Faust, „das Werk zu männiglicher Verwunderung und Entsetzen wie eine große Schwammfamilie aus der Erde wachsen“ (1791) lassen wollte. Diese Souveränität ist bei Hofmannstahl bereits der Grund entzogen: anstelle wohl geformter Worte quellen ihm „modrige Pilze“ im Munde. Sartre zwingt das Unterbestimmte scheinbar nach außen, aber die Konfrontation mit der „schwarzen und knotigen, ganz und gar rohen Masse“ der Wurzel eines Kastanienbaums bedeutet für ihn dennoch ein ekelhaftes Auslaufen in die Kontingenz der Existenz. Deleuzes Denken und Fordern des Rhizommorphen ist allein dort zeitgemäß, wo es Performanz sieht: „Und wenn man durch Literatur zu einer Pflanze würde?“
Uns ist die Pflanze schwankender Grund eines experimentellen Theaters: die Vorstellung des Vegetativen ermöglicht die Grenzzäune der Repräsentation, der Rolle, des Verhältnisses von Innen/Außen, von Zuschauer und Objekt, von Aufbau und Klimax anzufaulen. Im Treibhauses Theater züchten wir Intensitätswucherungen von Sprache, Bewegung und Rhythmus.
interessant ist die Körperlichkeit der Hitze, die Müdigkeit, die Schwere, der gleißende Schmerz, die Trübung der Wahrnehmung; die Fremde der körperlichen Gefühle, hat man doch häufig gar nicht gemerkt, wie man der Sonne ausgesetzt war; interessant ist das Delirium, der Wahnsinn, der damit anfängt, dass man in der hellen Hitze nur noch wenig Unterschiede ausmachen kann, die Monotonie, alles ist eins. Die Zeit steht. Somit gibt es nur noch on/off, vegetieren oder Tod. Interessant ist das Aufbrechen des Seins, flimmern tut die Landschaft, mein Puls, der Motor des Fahrzeugs. Holismus.
Monotonie des Rhythmus, Musik Magreb. Denken wir uns einen Zusammenhang: die Hitze Marokkos, die maschinelle Hitze Detroits; gerade auf Basis der MinimalMonotonie war Fusion möglich. Welcher radikal moderne, noch nie gehörte Sound ist denkbar, wie klingt die morgige Archaik, die uns durch den Abend zwingt? Frage an die Musik. Pulsschlag, Fieber, welche Stille ist der Tod?